Kapitel 6 Bezuschusste Tätigkeiten
6.1 Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen waren ein Element der aktiven Arbeitsmarktpolitik, das Arbeitssuchenden die Möglichkeit gab eine temporäre, meist auf 12 Monate befristete Tätigkeiten auszuüben, um die Chancen auf Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu verbessern. Die im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bereitgestellten Jobs sollten im “öffentlichen Interesse” sein und keine Konkurrenz zu regulären Jobs darstellen. Es war daher erforderlich, dass Personen die im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme eingestellt sind nur Aufgaben erfüllen, die sonst nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt worden wären. Der Arbeitgeber, welcher den temporären Arbeitsplatz bereitstelle, erhielt eine Subvention zwischen 900 und 1300 Euro je nach den formalen Qualifikationen der eingestellten Person. Abhängig von lokalen Gegebenheiten konnte die Subvention auch höher ausfallen. Es gab jedoch die Einschränkung, dass die Subvention den gezahlten Lohn nicht überschreiten durfte. Seit 2012 werden keine neuen Beschäftigungsverhältnisse mehr subventioniert.
Hohmeyer & Wolff (2010)36 evaluieren die Effektivität von subventionierten Tätigkeiten anhand von administrativen Daten. Die Autoren nutzen einen Propensity Score Matching Ansatz, um die Auswirkungen der Teilnahme an subventionierten Beschäftigungsprogrammen zu ermitteln. Hohmeyer & Wolff (2010) geben den Effekt der Anstellung im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme auf das Bruttoeinkommen und die Arbeitslosengeld II Zahlungen in den drei darauffolgenden Jahren an. Die Effektstärke wird separat für Männer und Frauen in Ost- und Westdeutschland angegeben. Zur Berechnung des MVPFs wird der gewichtete Durchschnitt gemäß dem Anteil der jeweiligen Subpopulation in den Daten von Hohmeyer & Wolff (2010) gebildet. Die Beschäftigung im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ist im Durchschnitt mit einem positiven Effekt auf das Einkommen von 4444,18€ im ersten Jahr, 1167,21€ im zweiten Jahr und 474,51€ im dritten Jahr assoziiert. Der Bezug von Leistungen des Arbeitslosengeld II ging um jeweils 2902,86€, 157,58€ und 120,77€ zurück. Eine Simulation des deutschen Steuersystems wird angewendet, um das verbleibende Nettoeinkommen und die Steuerzahlungen zu berechnen. Hierbei werden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung als Steuer interpretiert. Die mit einer Diskontrate von 3% abgezinste Summe der Nettoeinkommensänderungen beträgt 3.774,67€. Dies entspricht der Zahlungsbereitschaft für die Teilnahme an einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.
Die Nettokosten von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen setzen sich aus 3 Komponenten zusammen: (i) Dem Barwert der Änderungen des Steueraufkommens (2.250€), (ii) dem Barwert des Effekts auf den Bezug von Leistungen des Arbeitslosengeld II (2902,86€ + 157,58€ / 1.03 + 120,77€ * (1/1,03)² = 3.169,69€) und (iii) den von der Arbeitsagentur getragenen Kosten für die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Hohmeyer & Wolff (2010) geben durchschnittliche monatliche Kosten in Höhe von 1240,50€ in den Jahren 2005 und 2006 an. Bei einer Beschäftigungsdauer von 12 Monaten resultieren Gesamtkosten für die Bereitstellung der subventionierten Beschäftigung von 12 ✕ 1240,50€ = 14.886€. Die Nettokosten der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen betragen -2.250€ - 3.169,69€ + 14.886€ = 9.466,31€
Es ergibt sich ein MVPF von 3.774,67€ / 9.466,31€ = 0,4. Pro Euro Steuergeld, der in die Bereitstellung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen investiert wird, erhalten geförderte Arbeitnehmer einen Wert von 0,4 Euro.
6.2 Ein-Euro-Jobs
Ein-Euro-Jobs, formal Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung, sind Arbeitsplätze, die Langzeitarbeitslosen vermittelt werden, um sie bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu unterstützen. Diese Jobs sind als unbezahlte Arbeit gedacht. Die Teilnehmer erhalten jedoch eine Mehraufwandsentschädigung von mindestens einem Euro pro Arbeitsstunde. Ein-Euro-Jobs sind grundsätzlich ähnlich zu den seit 2012 abgeschafften Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Auch für Ein-Euro-Jobs gilt, dass die ausgeübten Tätigkeiten nicht in Konkurrenz zu einem regulären Job stehen dürfen. Es sollen daher lediglich zusätzliche Aufgaben, die sonst nicht erfüllt würden, durch Ein-Euro-Jobber erfüllt werden. Arbeitgeber die Ein-Euro-Jobs bereitstellen, erhalten eine Subvention von der Arbeitsagentur um zusätzliche Kosten abzudecken. Die Dauer der Beschäftigung ist in der Regel auf sechs bis sieben Monate begrenzt. Personen die einen zugewiesen Ein-Euro-Job ohne triftigen Grund ablehnen können sanktioniert werden. In der Regel bedeutet dies eine Kürzung des Arbeitslosengeldes II.
Hohmeyer & Wolff (2010)37 evaluieren die Effektivität von subventionierten Tätigkeiten anhand von administrativen Daten. Die Autoren nutzen einen Propensity Score Matching Ansatz, um die Auswirkungen der Teilnahme an subventionierten Beschäftigungsprogrammen zu ermitteln. Hohmeyer & Wolff (2010) geben den Effekt der Anstellung im Rahmen eines Ein-Euro-Jobs auf das Bruttoeinkommen und die Arbeitslosengeld II Zahlungen in den drei darauffolgenden Jahren an. Die Effektstärke wird separat für Männer und Frauen in Ost- und Westdeutschland angegeben. Zur Berechnung des MVPFs wird der gewichtete Durchschnitt gemäß dem Anteil der jeweiligen Subpopulation im Datensatz von Hohmeyer & Wolff (2010) gebildet. Die Aufnahme eines Ein-Euro-Jobs ist im Durchschnitt mit einem negativen Effekt auf das Einkommen von 287,12€ im ersten Jahr und 83,35€ im zweiten Jahr assoziiert. Im dritten Jahr nach Beginn des Ein-Euro-Jobs, das heißt circa zweieinhalb Jahre nach Abschluss des Ein-Euro-Jobs, wird der Effekt leicht positiv (87,27€). Der Bezug von Leistungen des Arbeitslosengeld II nahm um jeweils 378,47€, 216,02€ und 180,02€ zu. Eine Simulation des deutschen Steuersystems wird angewendet, um die Auswirkung auf das Nettoeinkommen und die Steuerzahlungen zu berechnen. Hierbei werden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung als Steuer interpretiert. Die mit einer Diskontrate von 3% abgezinste Summe der Nettoeinkommensänderungen beträgt –181,37€. Dieser negative Wert entspricht zugleich der Zahlungsbereitschaft für die Aufnahme eines Ein-Euro-Jobs.
Die Nettokosten von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen setzen sich aus 3 Komponenten zusammen: (i) Dem Barwert des Rückgang des Steueraufkommens (104,42€), (ii) dem Barwert des Effekts auf den Bezug von Leistungen des Arbeitslosengeld II (378,47€ + 216,02€ / 1.03 + 180,02€ * (1/1,03)² = 757,89€) und (iii) den von der Arbeitsagentur getragenen Kosten für den Ein-Euro-Job. Hohmeyer & Wolff (2010) geben durchschnittliche monatliche Kosten in Höhe von 361,50€ in den Jahren 2005 und 2006 an. Bei einer Beschäftigungsdauer von 7 Monaten fallen Gesamtkosten für die Bereitstellung des Ein-Euro-Jobs von 7 ✕ 361,50€ = 2530,50€ an. Die Nettokosten betragen 104,42€ + 757,89€ + 2.530,5€ = 3.392,81€
Es ergibt sich ein MVPF von -181,37€ / 3.392,81€ = -0,05. Pro Euro Steuergeld, der in die Bereitstellung von Ein-Euro-Jobs investiert wird, erhalten geförderte Arbeitnehmer einen hier negativen Wert von -0,05 Euro.
6.3 Arbeitsgelegenheiten
Arbeitsgelegenheiten, formal Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante, stellen neben den Ein-Euro-Jobs eine weitere von der Arbeitsagentur subventionierte und befristete Beschäftigungsmöglichkeit dar. Insgesamt legen die Arbeitsgelegenheiten einen stärkeren Fokus auf Reintegration in den Arbeitsmarkt. Während Ein-Euro-Jobs gemeinnützig und zusätzlich sein müssen, können im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten reguläre Jobs gefördert werden. Arbeitgeber erhalten eine Subvention, um Mehrkosten zu kompensieren, die durch die Bereitstellung der Arbeitsgelegenheit entstehen. Die geförderten Arbeitnehmer sollen einen normalen Lohn erhalten. Etwaige Produktivitätsunterschiede können durch die Subvention ausgeglichen werden. Die Höhe der Subvention ist nicht gedeckelt. Die Dauer der Förderung ist in der Praxis auf 12 Monate begrenzt.
Hohmeyer & Wolff (2010)38 evaluieren die Effektivität von subventionierten Tätigkeiten anhand von administrativen Daten. Die Autoren nutzen einen Propensity Score Matching Ansatz, um die Auswirkungen der Teilnahme an subventionierten Beschäftigungsprogrammen zu ermitteln. Hohmeyer & Wolff (2010) geben den Effekt der Anstellung im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit auf das Bruttoeinkommen und die Arbeitslosengeld II Zahlungen in den drei darauffolgenden Jahren an. Die Effektstärke wird separat für Männer und Frauen in Ost- und Westdeutschland angegeben. Zur Berechnung des MVPFs wird der gewichtete Durchschnitt gemäß dem Anteil der jeweiligen Subpopulation im Datensatz von Hohmeyer & Wolff (2010) gebildet. Die Beschäftigung im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit ist im Durchschnitt mit einem positiven Effekt auf das Einkommen von 4305,80€ im ersten Jahr, 1526,05€ im zweiten Jahr und 1118,48€ im dritten Jahr assoziiert. Der Bezug von Leistungen des Arbeitslosengeld II ging um jeweils 2886,91€, 451,30€ und 369,37€ zurück. Eine Simulation des deutschen Steuersystems wird angewendet, um das Nettoeinkommen und die Steuerzahlungen zu berechnen. Hierbei werden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung als Steuer interpretiert. Die mit einer Diskontrate von 3% abgezinste Summe der Nettoeinkommensänderungen beträgt 4.291,14€. Dies entspricht der Zahlungsbereitschaft für die Ausübung der subventionierten Tätigkeit.
Die Nettokosten von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen setzen sich aus 3 Komponenten zusammen: (i) Dem Barwert der Änderungen des Steueraufkommens (2.550,54€), (ii) dem Barwert des Effekts auf den Bezug von Leistungen des Arbeitslosengeld II (2886,91€ + 451,30€ / 1.03 + 369,37€ * (1/1,03)² = 3.673,24€) und (iii) den von Arbeitsagentur getragenen Kosten für die Arbeitsgelegenheit. Hohmeyer & Wolff (2010) geben durchschnittliche monatliche Kosten in Höhe von 1742,50€ in den Jahren 2005 und 2006 an. Bei einer Beschäftigungsdauer von 12 Monaten resultieren Gesamtkosten für die Bereitstellung der subventionierten Tätigkeit von 12 ✕ 1742,50€ = 20910€. Die Nettokosten der Arbeitsgelegenheiten betragen -2.550,54€ - 3.673,24€ + 20.910€ = 14.686,22€
Es folgt ein MVPF von 4.291,14€ / 14.686,22€ = 0,29. Pro Euro Steuergeld, der in die Bereitstellung von Arbeitsgelegenheiten investiert wird, erhalten geförderte Arbeitnehmer einen Wert von 0,29 Euro. Verglichen mit Ein-Euro-Jobs sind Arbeitsgelegenheiten deutlich teurer. Die monatlichen Subventionskosten sind fast 4 mal höher. Im Gegensatz zu den Ein-Euro-Jobs können die Arbeitsgelegenheiten die erzielten Einkommen jedoch etwas steigern.
6.4 Lohnzuschuss
Im Zeitraum zwischen 1999 und 2002 wurden ein randomisiertes Feldexperiment in Mannheim durchgeführt, im Rahmen dessen Langzeitarbeitslose einen Lohnzuschuss von bis zu 643DM erhalten konnten, wenn sie eine Beschäftigung aufnahmen. Der Lohnzuschuss konnte für bis zu 12 Monate gezahlt werden. Im Jahr 2005 wurde mit dem Einstiegsgeld als Teil der Hartz-Reformen eine ähnliche Regelung deutschlandweit eingeführt.
Spermann & Strotmann (2006)39 untersuchen die Auswirkungen des Lohnzuschusses auf Einkommen und Beschäftigung. Die Wahrscheinlichkeit eine Beschäftigung anzunehmen steigt um 6,2 Prozentpunkte. Einkommen steigen vor Berücksichtigung des Lohnzuschusses im Durchschnitt über alle Zuschussberechtigte um 59,74DM pro Monat. Bei der Berechnung der Zahlungsbereitschaft für den Lohnzuschuss, muss berücksichtigt werden, dass marginale Empfänger, die aufgrund des Zuschusses eine Beschäftigung annehmen, eine niedrigere Zahlungsbereitschaft haben als Personen, die auch sonst einen Job gefunden hätten. Für letztere stellt der Lohnzuschuss einen Mitnahmeeffekt dar, den sie erhalten ohne ihr Verhalten anpassen zu müssen. Die Zahlungsbereitschaft entspricht der Höhe des gezahlten Transfers. Personen die auf die veränderten Anreize reagieren, indem sie eine Beschäftigung annehmen, entstehen Kosten durch ihre Verhaltensänderung. Bei einer marginalen Reform ist die Zahlungsbereitschaft für den Transfer null. Dies entspricht der Logik des Envelope Theorems. Aus deskriptiven Statistiken von Spermann & Strotmann (2006) geht hervor, dass 15,9 Prozent der im Experiment eingeschlossenen Personen eine Beschäftigung aufnahmen. Das impliziert, dass ohne den Lohnzuschuss 15,9 - 6,2 = 9.7 Prozent einen Arbeitsplatz gefunden hätten. Demzufolge sind 9,7 / 15,9 = 61% der Empfänger infra-marginal. Die durchschnittliche Höhe der Lohnsubvention beträgt 609DM. Die Zahlungsbereitschaft für den Lohnzuschuss beträgt dann bei einer Bezugsdauer von 12 Monaten 0,61 ✕ 12 ✕ 609DM = 4.458,34DM.
Die Kosten für die Zahlung des Lohnzuschusses entsprechen 12 ✕ 609DM = 7.308DM. Um die Nettokosten des Lohnzuschusses zu erhalten, muss der positive Effekt der Einkommenssteigung auf das öffentliche Budget abgezogen werden. Eine Simulation des Steuer- und Transfersystems suggeriert innerhalb eines Jahres einen positiven Effekt auf das öffentliche Budget von 1.450,58DM. Die Nettokosten betragen damit 7.308DM - 1.450,58DM = 5.857,42DM.
Es folgt ein MVPF von 0,76. Pro Euro Nettoinvestment in den Lohnzuschuss entsteht ein Nutzen von 0,76 Euro.